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Alternative Jenseitsvorstellungen: Die Wiedergeburt

In der Katechese „Leben nach dem Tod" wird die katholisch-biblische Sicht dessen beschrieben, was nach dem Tod auf uns wartet. Nun gibt es allerdings in der katholischen Kirche - vor allem aber in anderen christlichen Konfessionen - auch abweichende Vorstellungen von dem, was nach dem Tode geschieht. Und auch sie berufen sich auf die Bibel.

Ja, mittlerweile halten auch Jenseits-Vorstellungen aus dem nicht-christlichen Bereich (vor allem die Vorstellung der Wiedergeburt - Reinkarnation) Einzug in unseren Glauben.

Umfragen zufolge glauben mehr als 30% der Katholiken an eine Wiedergeburt (Reinkarnation). Das überrascht, denn diese Jenseitsvorstellung hat niemals eine Rolle im christlichen Glauben gespielt. Wiedergeburt ist dagegen eine im Hinduismus und Buddhismus verwurzelte Vorstellung.

 

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Diese Katechese ist auch als gedrucktes Heft (Nr. 087) erhältlich: Kostenlose Bestellung

Wiedergeburt - eine verlockende Hölle

Interessant ist vor allem, dass der Gedanke der Wiedergeburt in der westlichen Kultur als verlockend und sympathisch gesehen wird - denn im Buddhismus und Hinduismus ist der ewige Kreislauf die Hölle. Erlösung im Buddhismus ist eben das Ausbrechen aus diesem ewig kreisenden Rad, das manchmal sogar als „Folterrad" bezeichnet wird.
Wir glaubensvergessenen Christen dagegen finden es irgendwie toll, noch einmal leben zu können. Denn das würde bedeuten, dass in unserem jetzigen Leben nichts endgültig wäre; alle Fehler, die wir gemacht haben, könnten wir noch einmal korrigieren; alles, was wir verpasst haben, könnten wir nachholen. Zwar glauben auch die Christen, dass während unseres irdischen Lebens jede positive oder negative Endscheidung korrigiert werden kann. Aber im Gegensatz zum Reinkarnationsglauben endet im christlichen Glauben mit dem Tod diese Möglichkeit. Die Endscheidung wird endgültig.

Dabei dürfen wir nicht dem Irrglauben verfallen, dass eine zufällige, am Lebensende stehende Entscheidung automatisch „verewigt" wird. Das gilt vor allem für Selbstmörder:
Während im amerikanischen der Glaube weit verbreitet ist, Selbstmörder seien immer und unter allen Umständen verdammt und in der Hölle (so sehen es viele Evangelikale und so wird es - z.B. in zahlreichen Hollywoodfilmen - auch der katholischen Kirche untergejubelt: z.B. in Constantine, Hinter dem Horizont, Der Gute Hirte usw.), halten wir Katholiken daran fest, dass wir zwar Menschen selig und heilig sprechen können, die Verdammnis aber für uns Menschen nicht feststellbar ist.
Am Ende des Lebens zählt eben nicht die zufällige, eventuell krankheitsbedingte Entscheidung, sondern die „Essenz" des Lebens.

Die Notwendigkeit einer endgültige Entscheidung leuchtet uns ein, wenn wir uns das Wesen des Himmels vorstellen. Wirklich selig ist nur derjenige, der weiß, dass er auf ewig selig ist. Sobald die Möglichkeit im Himmel gedacht wird, dass in absehbarer Zukunft dennoch eine Entscheidung gegen Gott möglich ist, mischt sich in die Seligkeit wieder Angst, Sorge und Zweifel. Das kann nicht sein.
Aber das bedeutet natürlich auch, dass derjenige, der sich gegen Gott entscheidet, eine ebenso endgültige Entscheidung trifft, die nach dem Tod nicht mehr korrigiert wird. Das allerdings passt uns überhaupt nicht.

Vielleicht ziehen wir die ewige Wiedergeburt der ewigen Freude des Himmel deshalb vor, weil wir weniger den Himmel vor Augen haben und uns deshalb an der Sicherheit der Seligkeit erfreuen. Offensichtlich fürchten wir mehr die Hölle und verzweifeln deshalb, wenn wir die Ewigkeit der Gottesferne ins Auge fassen.

Vielleicht geht es uns aber einfach zu gut in dieser Welt, so dass wir uns darüber freuen, noch eine Runde spendiert zu bekommen. Wer aber schon im ersten Leben mehr Leid als Freude spürt, wird davon nicht so begeistert sein. Es wundert deshalb nicht, dass die asiatischen Regionen, in denen die Wiedergeburt als Fluch und nicht als Segen gesehen wird, zu den ärmeren Gegenden dieser Welt gehören.

Mal ehrlich: Würdest Du bei einer Karussellfahrt, bei der es Dir ohne Ende schlecht wird, noch Zugabe rufen?

Verträgt sich die Reinkarnation mit der Bibel?

Die Antwort ist ein klares „Nein". Es gibt zwar einzelne Anklänge im Alten und Neuen Testament - diese beruhen aber ausnahmslos auf abstruse Fehlinterpretationen.

Nachdem Elija „im Wirbelsturm" zum Himmel emporfuhr ( 2 Kön 2,11), erwarteten die Juden, dass er erneut auf der Erde kommen würde. So hielt man Johannes den Täufer für den wiedergekommenen Elija (Mt 11, 24; 17,10-13; Mk 6,14ff; 9,11ff; Lk 1,17).
Einmal davon abgesehen, dass Johannes diesen Gedanken weit von sich weist, handelt es sich hier eben nicht um eine Reinkarnation, den Elija ist eben nicht gestorben. Man glaubte, Elija käme am Ende der Zeit wieder, um dann den Märtyrertod zu sterben. Elija ist also ein einmaliger Sonderfall, ein Zeichen Gottes - und eben kein allgemeines natürliches Modell.

Eine weitere Stelle wird mit Joh 3,3 und Joh 3,7 angeführt. Jesus sagt dort im Gespräch mit Nikodemus: „Amen, amen, ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen. Nikodemus entgegnete ihm: Wie kann ein Mensch, der schon alt ist, geboren werden? Er kann doch nicht in den Schoß seiner Mutter zurückkehren und ein zweites Mal geboren werden. Jesus antwortete: Amen, amen, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; was aber aus dem Geist geboren ist, das ist Geist."
Hier wird zwar von einer „neuen" Geburt gesprochen; aber das Wort „von neuem" (gr.: anothen) meint eben nicht „wiederum", sondern „von oben". Eine „erneute" Geburt wäre ja wieder nur eine Geburt aus dem Fleisch.
Gemeint ist hier also eine andere Geburt: Die Wiedergeburt aus dem Geist - also die Taufe.

Und noch eine dritte Stelle wird gerne als Hinweis auf die Wiedergeburt missdeutet: In Joh 9,2 fragen die Jünger, als Jesus dem Blindgeborenen begegnet: „Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst? Ober haben seine Eltern gesündigt, so dass er blind geboren wurde?" Es ist ziemlich abwegig, in der Geburt des Blindgeborenen eine Reinkarnation seiner eigenen Eltern zu sehen (das setzt voraus, dass die Eltern zum Zeitpunkt seiner Geburt bereits gestorben waren - wer kommt nur auf solche idiotischen Ideen?). Aber auch die Sünden des Blinden aus einem früheren Leben sind hier nicht gemeint: Die Frage ist keine Anspielung auf das „Karma", sondern entspricht dem jüdischen Gedankengang, dass spätere Generationen für die Sünden der früheren zu büßen haben.

Nein, es gibt keinen wirklichen Hinweis in der Bibel auf die Reinkarnation - aber ziemlich deutlich Worte dagegen. Ich möchte hier allerdings nur eine Stelle zitieren:

Im Brief an die Hebräer heißt es: (Hebr 9,27) „Und wie es dem Menschen bestimmt ist, ein einziges Mal zu sterben, worauf dann das Gericht folgt, so wurde auch Christus ein einziges Mal geopfert, um die Sünden vieler hinwegzunehmen; beim zweitenmal wird er nicht wegen der Sünde erscheinen, sondern um die zu retten, die ihn erwarten."

Kritik am Wiedergeburtsglauben
Fehlende Erinnerung

Der Glaube an die Wiedergeburt offenbart eine ganze Reihe von logischen Problemen. Zunächst ist da die fehlende Erinnerung an das frühere Leben. Platon erklärt zwar das Verschwinden der Erinnerung dadurch, dass die Verstorbenen vor ihrer Wiedergeburt vom „Wasser des Vergessens" trinken (aus dem Fluss des Vergessens - der „Lethe"); aber das löst nicht das Problem, dass der Reiz der „erneuten Chance" verloren geht, wenn man keine Erinnerungen an das frühere Leben hat. Wie will man aus den Fehlern des alten Lebens lernen, wenn man sich nicht erinnert?

Aber auch das negative Karma wird so zur himmelschreienden Ungerechtigkeit. Einmal angenommen, ein Mensch muss in seinem Leben viel leiden - grundlos, immer wieder, ohne Ende. Ihm wird erklärt, das liege vermutlich daran, dass er in seinem früheren Leben ein ganz schlimmer Mensch gewesen ist. Ist denn eine Strafe nicht ungerecht, wenn sich der (angebliche) Täter an nichts mehr erinnert?

Im humorvollen Film „Der König der Fischer" beschwert sich Amanda Plummer genau darüber. Sie hat in ihrem jetzigen Leben viel zu leiden und erklärt es sich dadurch, dass sie in ihrem früheren Leben ein Macho gewesen ist. Und fügt hinzu: „Das wäre ja gar nicht so schlimm, wenn ich mich wenigstens erinnern könnte!"

Nicht nur, dass die Strafe ohne Wissen unfair ist - sie ist auch sinnlos. Wie soll der immer wieder geborene Mensch aus der Strafe lernen, wenn er nicht weiß, warum er sie tragen muss?

Fatalismus: Es ist, wie es ist - und es bleibt so.

Da jedes vorangegangene Leben durch das Karma die Ausgangsbedingungen für das nächste Leben festlegt, ist wunderbar erklärt, warum Dein Leben so ist wie es ist. Toll.
Die mangelnde Möglichkeit, sein eigenes Schicksal als ungerecht zu empfinden, führt aber zum absoluten Fatalismus. Denn nicht nur Dein Leben ist aus guten Gründen so, wie es ist, sondern auch das der anderen Menschen. Wer in dem Slums dieser Welt geboren wurde, hat es eben verdient. Wer als Kind hungern muss, wird wohl im letzten Leben Hunger verursacht haben. Wer im Luxus auf Kosten anderer lebt, hat es sich wohl im letzten Leben erarbeitet... Jeder Gedanke an eine religiös motivierte Veränderung der Welt verbietet sich schnell. Das macht dann ja schon das Karma.
Zugegeben: Dieser Fatalismus ist dem Buddhismus fremd. So gesehen haben wir mit dem Buddhismus viel gemeinsam. Aber im Hinduismus nimmt der Fatalismus manchmal grausame Formen an - gegen die z.B. Mutter Teresa in Kalkutta unermüdlich angegangen ist.

Wer daran glaubt, dass das Karma bereits für einen allgemeinen Gerechtigkeitsausgleich sorgt, braucht sich dafür nicht mehr selbst einzusetzen. So ist der Gedanke der tätigen Nächstenliebe und der Glaube an einen Einsatz für eine bessere Welt dem fatalistischen Hinduismus vollkommen fremd.

Fehlende Erklärung

So genial, wie der Wiedergeburtsglaube das unterschiedliche Schicksal der Menschen erklärt (und leider auch rechtfertigt), so wenig erklärt sich das ganze System. Warum kam es überhaupt zum ewigen Kreislauf? Wie ist alles angefangen? Woher kommen die Seelen, die Körper und die Mechanismen? Gerade in einer Welt, die weiß, dass sie einen Anfang hat und nicht schon ewig existiert hat, ist der Gedanke der Reinkarnation ein Luftschloss, das im Nichts hängt.

Die ewige Wiederkehr

Für Friedrich Nietzsche war die Tatsache, dass alles wiederkehrt, der reinste Horror. Denn dann kommt nicht nur alles Gute und Schöne, sondern auch alles Mickrige und Kleingeistige, alles Gemeine und Beängstigende immer und immer wieder. Nietzsche ist schließlich in geistiger Umnachtung gestorben - es heißt, dass er die Vorstellung nicht ertragen konnte, nach seiner Wiedergeburt erneut seiner Schwester begegnen zu müssen.

Moralische Tiere?

Einige Varianten der Wiedergeburt gehen davon aus, dass der Mensch sich im Laufe seiner vielen Leben durch moralisches Verhalten „hocharbeiten" wird. Das allein ist schon ziemlich abwegig, da doch die „Belastungen" durch negatives Karma im Laufe der Zeit immer größer wird (Jemand mit schlechtem Karma - also schlechten Lebens-Startbedingungen - wird es schwerer haben, ein moralisch gutes Leben zu führen; im nächsten Leben wird es dann noch schwerer - usw. usf.). Vollends unbegreiflich wird es jedoch, wenn auch die Wiedergeburt als Tier angenommen wird. Kann sich eine Küchenschabe moralisch so verhalten, dass sie im nächsten Leben aufsteigt? Gibt es heiligmäßige Kakerlaken? Kann sich ein Tier überhaupt moralisch verhalten?

Mein Leib - Dein Leib

Ein letzter Einwand ist die Frage nach der Zugehörigkeit des Leibes. Im Christentum wird zwar der Dualismus ähnlich wie in der Wiedergeburtslehre gesehen: Der Mensch besteht aus Leib und Seele, und die Seele verlässt beim Sterben den Leib.

Aber der Leib ist nicht ein beliebiges Haus. Der Leib ist durch die Seele durchgeformt und Ausdruck der Seele - unverwechselbar und individuell. Die Tatsache, dass wir den Verlust des Leibes als Unglück empfinden und die Wiederherstellung des Leibes in der Auferstehung als himmlisches Glück, wertet den Leib als integralem Bestandteil des Menschen enorm auf.

Für Christen ist es eine Herabsetzung der leiblichen Würde, wenn mein Körper nur als ein Pullover gesehen wird, der mir nicht wirklich gehört und eigentlich auch ganz anders aussehen und gestaltet sein könnte. Zwar wird der Kirche immer wieder (völlig ungerechtfertigt) Leibfeindlichkeit vorgeworfen; aber im Gegensatz zum Glauben an eine Reinkarnation, der im Leib eine Ein-Weg-Verpackung sieht, darf man diesen Vorwurf wohl nicht mehr erheben.

Nicht weiter erörtern möchte ich hier das „Gender-Problem": Sind wir als geschlechtslose Seelen nur zufällig in männlichen bzw. weiblichen Körpern? Oder sind wir wesenhaft Mann und Frau - mit Leib und Seele?

Moral und Glaube

Schließlich: Das Christentum besteht eben nicht in der moralisch einwandfreien Lebensführung. Falls tatsächlich diejenigen in den „Himmel kommen", die sich in ihrer Umwelt einwandfrei betragen haben, so mag der Gedanke der Reinkarnation noch eine gewisse Berechtigung haben.

Am Ende seines „Rückführungs-Kapitel" in dem Buch „Ich bin dann mal weg" (dazu später mehr) schreibt Hape Kerkeling: „Es wäre durchaus vorstellbar, daß man, obwohl man sich nicht daran erinnert, schon Tausende Male gelebt hat. Vielleicht sind wir in jedem Leben – unter Beibehaltung eines Kerns – jedesmal ein ganz anderer. Jedes Leben könnte wie eine Art Hindernis-Parcours funktionieren. Der Reiter ist die Seele, das Pferd der Körper und der Parcours das Leben. Zehn Hindernisse oder besser Prüfungen sind vorgegeben, die man zu bewältigen hat. Aber die Reihenfolge und die Zeit, in der wir sie angehen, sind uns vollkommen freigestellt.
Die Art und Weise, wie wir die zehn Hindernisse nehmen, wird dann von einer himmlischen Jury bewertet. Das, was wir vor und nach den entscheidenden Hürden tun, wird nicht bewertet. Es ist eine Art Urlaub von der zentralen Lebensaufgabe."

Das Leben als Hindernis-Parcours - das passt zur Reinkarnation. Aber nicht zum christlichen Gott.

Nach christlicher Auffassung entscheidet sich Himmel und Hölle nicht an unserer Moral und unserer Disziplin, sondern durch unseren Glauben und unsere Liebe zu Gott.
Dieser Glaube ist aber keine Frage von jahrtausendelanger Übung durch hunderte Leben hindurch - sondern ist jedem Menschen in seinem einen Leben möglich (ja, sogar in einem Augenblick!). Eine Wiederholung des Enscheidungszeitraumes macht uns diesen Glauben nicht einfacher - im Gegenteil, er wird entwertet. Jede Liebe will Ewigkeit (will tiefe, tiefe Ewigkeit!) - und keine Wiederholungen wie bei RTL 2.

"Beweise" für die Wiedergeburt

Vor allem zwei Phänomene werden gerne als „Beweis" für die Wahrheit der Reinkarnation angeführt: Das sogenannte Dejavu und die hypnotische Rückführung in "Reinkarnationsseminaren".

Das Deja-vu-Erlebnis

Das „Dejavu" (aus dem französischem „schon gesehen", korrekt geschrieben: Déjà-vu) ist ein gefühlsmäßiges Erleben einer bestimmten Situation als „schon mal erlebt".

Zum Beispiel besucht man einen bislang fremden Ort, z.B. eine spanische Stadt, und schlendert eine unbekannte kleine Gasse entlang - und plötzlich, an einer an sich bedeutungslosen Stelle, drängt sich das intensive Gefühl auf: „Hier warst Du schon einmal!"

Das gleiche kann sich auch auf Situationen beziehen (und nicht auf Orte). Zum Beispiel gehst Du einkaufen, an der Kasse fragt Dich ein Kunde hinter Dir nach der Uhrzeit und gleichzeitig klingelt Dein Handy - und Du denkst: „Das habe ich doch schon einmal genauso erlebt!"

Ganz selten paart sich diese Erfahrung mit einer Präkognition: Du meinst nicht nur, diese unbekannte Gasse zu kennen, Du weiß auch, dass sich hinter der nächsten Ecke eine Eisdiele befindet - obwohl Du sie noch nicht siehst und noch nie hier gewesen bist. Oder, auf Situationen bezogen: Du gehst über die Straße und weißt nicht nur plötzlich, dass Du diesen Augenblick schon einmal erlebt hast - sondern auch, dass gleich ein schwarzer Mercedes um die Ecke biegen wird - und prompt taucht er auf.

Vertreter der Wiedergeburt erklären das Dejavu-Erlebnis mit nicht gelöschten Erinnerungen aus einem früheren Leben - zumindest, wenn es sich um Dejavus handelt, die an einen bestimmten Ort geschehen, an dem Du vorher noch nie warst.
Dejavu-Erlebnisse, die an eine bestimmte Situation gebunden sind, lassen sich so allerdings nicht erklären - denn die Reinkarnations-Erinnerungen stammen ja aus einer früheren Zeit und haben mit momentanen Situationen nichts zu tun. Noch weniger vertragen sich Präkognitionen mit der Wiedergeburt. - Und damit ist schon ein deutlicher Hinweis gegeben, dass es sich vermutlich um ein anderes Phänomen handelt.

Erklärungen
Es gibt verschiedene Erklärungsmodelle für Dejavus. Da allerdings das Phänomen selber so unbestimmt ist und sich kaum wissenschaftlich erforschen lässt, sind auch die Erklärungen dafür sehr vage. Einige Experten sprechen von „Speicherüberlagerungen im Gehirn", wieder andere von „Assoziationsüberlagerungen", andere Psychologen leugnen das Phänomen oder bezeichnen es schlicht als Täuschung. Zahlreiche Erklärungsmöglichkeiten (auch im Zusammenhang mit Drogen oder Geisteskrankheit) werden bei wikipedia aufgeführt. Dort heißt es:

Einer Hypothese zufolge treten Déjà-vus in Situationen auf, die an ein verdrängtes tatsächlich erlebtes Ereignis erinnern, das so kurz wahrgenommen wurde, dass es nicht bewusst registriert werden konnte.

Nach einer anderen Hypothese sind verdrängte Phantasien die Quelle von Déjà-vus.

Möglicherweise handelt es sich um spezielle Situationen, in denen Kurz- und Langzeitgedächtnis für einen Moment nicht aufeinander abgestimmt sind. Danach beruht das Erlebnis auf teilweiser Übereinstimmung aktueller und früher erlebter Situationsmerkmale, die nach dem Pars-pro-toto-Prinzip ergänzt werden: Eine vertraut wirkende Situation enthält zum Beispiel einen bestimmten, bekannten Geruch. Dieses einzelne Element sorgt dann für ein Wiedererkennen, das auf die gesamte Situation übertragen wird.

Frühe Experimente belegten, dass Déjà-vu-Erlebnisse mit neurochemischen Vorgängen in den Temporallappen des Gehirns zusammenhängen. Durch Elektrostimulation der äußeren Temporallappen ließ sich die Wahrscheinlichkeit eines Déjà-vu-Erlebnisses auf das Vierfache erhöhen.

Traumatische Schädigungen des Temporallappens können Häufungen von Déjà-vu-Erlebnissen nach sich ziehen.

Eine Überreizung der äußeren Schläfenlappen kann auch bei Epilepsiepatienten auftreten. Viele Betroffene beschreiben Zustände, die einen epileptischen Anfall ankündigen. Diese werden als eine Aura bezeichnet und gehen häufig mit Déjà-vu-Erlebnissen einher.

Untersuchungen ergaben, dass Déjà-vus oft nach Phasen großer Belastung auftreten, wenn der Stress abebbt und der Mensch sich wieder entspannt.

Weitere Studien zeigten einen Zusammenhang zwischen der Imaginationsfähigkeit eines Menschen und der Häufigkeit von Déjà-Vus. Drogen erhöhen die Chance, diesem Phänomen zu unterliegen.

Letztendlich ist das Phänomen nicht wirklich einzuordnen - gerade deshalb lässt sich daraus aber auch kein Argument für die Reinkarnation ableiten. Vor allem, da es sich auch auf Situationen bezieht, die definitiv in der Vergangenheit noch nicht aufgetreten sein konnten.

Dejavu-Erlebnisse mit Präkognition (also mit einem Vorauswissen) sind naturwissenschaftlich nicht erklärbar - aber auch kaum nachweisbar. Gerade dafür hier aber, dass situationsbezogene Dejavu-Erlebnisse, die ein Vorauswissen offenbaren, durch die Annahme eines früheren Lebens nicht erklärt werden können.

Rückführungen in Reinkarnationsseminaren

Ein wunderbares Beispiel, lebensnah und spannend geschildert, liefert Hape Kerkeling in seinem Pilgerbuch „Ich bin dann mal weg". Auf den Seiten 193-198 schildert er den Besuch eines Rückführungs-Seminars, in dem die Teilnehmer durch Meditation und Hypnose in frühere Leben zurückgeführt werden und davon berichten.
Am Ende des Seminars, in dessen Verlauf die Teilnehmer schon alle möglichen historischen Figuren gewesen sind, berichtet Hape allerdings von einem sehr intensiven Erlebnis, detailreich und dramatisch: Er war ein junger Franziskanermönch, der während der Nazizeit im Kloster Juden versteckt. Von den Nazis entdeckt, wird er zum Tode verurteilt und hingerichtet - zusammen mit seinen franziskanischen Mitbrüdern.

Wer das Kapitel nicht kennt und es zwar nachlesen, aber das Buch nicht kaufen möchte, findet das entsprechende Kapitel auch bei Bild.t-online

So, wie Hape dieses Erlebnis schildert, ist es für ihn absolut authentisch gewesen. (Nicht von ungefähr bezeichnet er sich zu Beginn des Buches als „Buddhist mit christlichem Überbau".) Und so wie Hape erleben viele Teilnehmer bei Rückführungsseminaren ein früheres Leben intensiv und lebendig.

Die erste Frage, die sich stellt, ist natürlich, ob die historische Erinnerung, die Hape auf dem Boden eines Frankfurter Seminarraumes gemacht hat, der Wahrheit entspricht. Natürlich läst sich das nicht bei allen Rückführungen klären (manche historische Figuren sind einfach zu unbedeutend, als dass sich darüber historische Quellen finden lassen), aber bei Hape finden sich soviel Hinweise, dass eine Überprüfung möglich ist.

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Was Hape erlebt hat, deckt sich nicht mit den historischen Fakten. Bei Bild-online findet sich ein Interview zu diesem Thema mit Dr. Michael Hirschfeld von der Uni Vechta.

(Lass Dich nicht von der Tatsache ablenken, dass das Interview bei „BILD" erschienen ist. Die Zeitung mag einen schlechten Ruf habe - Dr. Hirschfeld hat dagegen einen guten Ruf).

Ist Hape Kerkeling in einem früheren Leben erschossen worden?

Spurensuche mit Hilfe des Historikers (Neueste Geschichte) Dr. Michael Hirschfeld (34) von der Uni Vechta.

Frage: Schlesien ist seit dem Mittelalter mit Klosteranlagen gepflastert. Welches Franziskanerkloster käme in Frage?

Dr. Hirschfeld: „Am besten würde Carlowitz passen. Das war damals ein wichtiges, großes Kloster."

Frage: Carlowitz liegt im Norden Breslaus. Die Franziskaner hatten es 1240 gegründet, 1895/97 wurde es weiträumig ausgebaut. Wäre der pompöseste schlesische Sakralbau, Kloster Leubus, knapp 50 Kilometer von Breslau entfernt, denkbar?

Dr. Hirschfeld: „Nein. Diese Abtei war zwar von der Wehrmacht besetzt und als Rüstungsfabrik genutzt worden. Als Kloster war es schon 1810 aufgelassen worden." Mönche lebten dort zur Nazizeit nicht. Aber viele Zwangsarbeiter starben dort. „Auch das mit ‚Abt und Prior' hat Kerkeling zumindest ungenau formuliert," sagt Hirschfeld. „Denn Franziskanerklöster leitet ein ‚Guardian', sein Stellvertreter heißt ‚Präses'".

Frage: Wurden Mönche wie in Kerkelings Schilderung ermordet?

Dr. Hirschfeld: Das Standardwerk „Zeugen für Christus" des Kölner Prälaten und führenden Märtyrer-Experten Helmut Moll schildert zahlreiche Fälle. Darunter das Schicksal des schlesischen Franziskanergelehrten und Carlowitz-Mönchs Pater Bertrand Zimolong (geb. 1888). Die Nazis hielten ihn 1935 sechs Monate lang in Haft. Pater Bertrand starb aber erst nach dem Krieg (18. Juni 1945) – an Stichen in Lunge und Leber. Täter: russische Soldaten, die nächtens seinen Fluchtort überfallen hatten.
Auch das Buch „Schlesische Männerklöster während des Dritten Reiches" (Autor: Siegmund Bulla) beschreibt erschütternde Schicksale von Mönchen. Erschießungen Geistlicher durch Wehrmachtsangehörige finden sich darin allerdings nicht.

Frage: Ist Kerkelings Erinnerung also komplett abwegig?

Dr. Hirschfeld: „Kerkeling denkt möglicherweise an einen belegten Mordakt beim Vormarsch sowjetischer Soldaten. Der geschah in St. Rochus bei Neisse, 80 Kilometer von Breslau entfernt. Damals wurden tatsächlich 5 oder 6 Patres erschossen." Das entspräche der Zahl, die Kerkeling nennt. Und in Neisse liegt ein Franziskanerkloster – bis heute.

Quelle

Rückführungen - Botschaften einer geistigen Welt?

Nun - da Hape Kerkeling in seiner Vision eindeutig von Deutschen spricht, die das Todesurteil in deutscher Sprache verlesen, ein vergleichbares Verbrechen aber von Russen verübt wurde, gibt es keine historische Entsprechung zumindest dieses Rückführungserlebnisses.

Aber das behauptet er ja auch nicht. Hape schreibt am Ende seiner Reinkarnationserlebnisse:

„Drei nicht beschreibbare diffuse Lichtgestalten kommen mir entgegen und beruhigen mich und eine von ihnen sagt: „Ein ganzes Leben hast du ohne Zweifel geglaubt, warum nicht in diesem einen Moment? Warum nicht?" Ob mir das alles wirklich zugestoßen ist? Keine Ahnung. Das würde ich niemals behaupten. Aber auf dem Teppich in Frankfurt ist es mir wirklich passiert und hat mich zutiefst bewegt und lange nachgeklungen."

Was Hape erlebt hat, ist also ein Erlebnis mit einer für ihn wesentlichen Botschaft: „Warum hast Du nicht geglaubt?" - Diese Botschaft war für ihn real. Ein wahres, historisches Erlebnis steckt nicht dahinter, vielleicht aber eine wahre Botschaft.

Die allermeisten Rückführungserlebnisse lassen sich nicht verifizieren, einige davon sind eher amüsant - oder belanglos - oder beziehen sich auf immer die gleichen historischen Momente (Hexenverbrennung, Nazizeit, Römisches Reich - etc). Fast immer geht es um dramatische, weltbewegende Ereignisse bzw. Mord und Totschlag (obwohl die wohl in den meisten Leben eher seltener sind). Das bekannteste „frühere Leben" - das von Hape Kerkeling - ist nachweislich nicht historisch.


Aber bei der Frage, woher die Erinnerung an ein früheres Leben denn stammen soll, wenn nicht aus einem tatsächlichen Leben, muss die Antwort offen bleiben. Bei Hape Kerkelings Erzählung handelt es sich offensichtlich um eine gehaltvolle Beispiel-Geschichte. Irgendjemand möchte Hape etwas klar machen - und zwar eine durchaus christliche Wahrheit. Sie könnte durchaus von Gott stammen, von den Engeln (Hape spricht von "Lichtgestalten") oder guten Geistern. Wir dürfen aber nicht die Augen davor verschließen, dass man sich durch Rückführungsmeditationen (ähnlich anderen okkulten Praktiken) auch weniger guten Mächten ausliefern kann. (siehe dazu die Katechese „Okkultismus und Spiritismus")

Weiterlesen: Alternative Jenseitsvorstellungen

Weiterlesen: Die End-Entscheidungshypothese und die "Auferstehung im Tod"

Weiterlesen: Die All-Erlösung

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